Das Hormon Testosteron macht aus einem Embryo einen ausgewachsenen Menschen: Bei Kindern regt es von Anfang an das Wachstum von Muskeln und Knochen an. Schon im Mutterleib bildet es die männlichen Geschlechtsorgane aus. In der Pubertät lässt es dann bei Jungen die Stimme tiefer werden und Haare am ganzen Körper wachsen.
Ab dem 30. Lebensjahr dreht sich die Entwicklung um. Je älter Sie nun werden, desto weniger bildet Ihr Körper das wichtige Geschlechtshormon. Diese Entwicklung ist normal. Wenn der Testosteron-Spiegel aber zu schnell sinkt, beispielsweise aufgrund des Lebensstils oder möglichen Erkrankungen, drohen Betroffenen gesundheitliche Probleme.
Erfahren Sie in diesem Artikel, welche wichtigen Aufgaben Testosteron im Körper übernimmt, wie es zu einem Testosteronmangel und zu und zu einem Testosteron-Überschuss kommen kann und mit welchen Maßnahmen Sie Ihre Testosteron-Werte natürlich erhöhen können.
KurzĂĽbersicht: Testosteron
- Testosteron gilt als männliches Sexualhormon, kommt aber auch in geringen Mengen bei Frauen vor. Es wird vor allem in der Pubertät in großen Mengen gebildet.
- Testosteron ist für den Muskel- und Knochenaufbau, für die Ausbildung männlicher Geschlechtsmerkmale und die Spermienbildung zuständig.
- Ab dem 30. Lebensjahr nimmt die Testosteron-Produktion ab. Erkrankungen, Übergewicht und Medikamentenmissbrauch können das Risiko eines Testosteronmangels erhöhen.
- Halten Sie Ihr Gewicht im Normalbereich. Mit Sport und einer ausgewogenen Ernährung mit vielen Ballaststoffen können Sie einen gesunden Testosteron-Spiegel unterstützen. Für Testosteron wichtige Nährstoffe sind Magnesium, Zink, Selen und Vitamin D.
- Ein Testosteronüberschuss ist selten. Wer ohne ärztliche Absprache Testosteron einnimmt oder spritzt, kann einen Überschuss herbeiführen. Morbus Cushing, Störungen in der Nebennierenrinde und Tumore können ebenfalls eine gesteigerte Testosteron-Produktion auslösen.
Was ist Testosteron?
Testosteron gehört zu den wichtigsten männlichen Geschlechtshormonen, den Androgenen.  Die Hoden bilden bei Männern 90 Prozent des Gesamt-Testosterons, während bei Frauen die Eierstöcke den Großteil produzieren. Geringe Mengen entstehen in der Nebennierenrinde.
Männer haben durchschnittlich zehnmal mehr Testosteron als Frauen. Doch bei allen Menschen erfüllt das Hormon wichtige Aufgaben. Testosteron hat im Körper eine aufbauende (anabole) Wirkung: Es baut vor allem Muskelmasse auf. Auf der anderen Seite hilft es dabei, Fettpolster abzubauen.
Weiterhin beteiligt sich Testosteron an folgenden Prozessen [1]:
- Ausbildung der Geschlechtsmerkmale und der Körperbehaarung
- Spermienproduktion beim Mann
- Steigerung der Libido (der sexuellen Lust)
- Stabilität und Wachstum der Knochen
- Blutbildung
Wenn der Testosteron-Spiegel im Körper zu niedrig ist, spricht man von einem Testosteronmangel. Viele der Betroffenen bemerken das erst, wenn Beschwerden auftreten [2].
Wussten Sie das? Testosteron spielt eine wichtige Rolle darin, wie sich das Geschlecht bei Menschen ausbildet. Bei intersexuellen Menschen, die keine eindeutigen männlichen oder weiblichen Geschlechtsmerkmale haben, kann eine Hormontherapie mit Testosteron oder Ă–strogen dafĂĽr sorgen, dass sich das Geschlecht in eine bestimmte Richtung entwickelt. Dasselbe Prinzip kommt bei trans Männern zum Einsatz, die durch Testosteronersatztherapie eine Transition hin zum männlichen Geschlecht durchlaufen können.Â
Was sind die Ursachen fĂĽr einen Testosteronmangel?
Neben dem zunehmenden Alter können auch Erkrankungen oder veränderte Lebensumstände den Testosteron-Spiegel senken – sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Mögliche Ursachen für einen Testosteron-Mangel sind [1]:
- Ăśbergewicht, Untergewicht
- Dauerstress, langes Ausdauertraining
- Anabolika-, Alkohol- und Drogenmissbrauch
- Leberzirrhose, Hypogonadismus
- Dauermedikation mit Cortison oder Antibabypille
Vor allem Übergewicht gilt als deutlicher Risikofaktor für einen Testosteronmangel. Studien zeigen immer wieder, dass Männer im Alter auffällig niedrige Testosteronwerte haben, wenn sie stark übergewichtig sind [3].
Gut zu wissen: Ein Testosteronmangel kann auch bei Männern unter 30 Jahren vorkommen. Ein erhöhter Cholesterinspiegel, Bluthochdruck und Übergewicht erhöhen das Risiko eines frühen Testosteronmangels [4].
Hypogonadismus und Testosteron
Hypogonadismus beschreibt eine Unterfunktion der Hoden und Eierstöcke. Die Keimdrüsen bilden wenige bis keine Hormone mehr - auch die Produktion von Testosteron ist eingeschränkt. Am häufigsten sind ältere Menschen betroffen. Diese Erkrankung kann angeboren sein oder durch einen Überschuss an Eisen hervorgerufen werden [5].
Anabolika und Testosteron
Anabolika sind Substanzen, die Wachstumsprozesse im Körper beschleunigen: Sie lassen unter anderem die Muskeln um ein Vielfaches schneller wachsen. Athlet*innen oder auch Hobbysportler*innen, vor allem Kraftsportler*innen, greifen zu Anabolika, um mehr Muskelmasse aufzubauen.
Anabolika senken die Testosteron-Produktion. Bei Männern können sie die Spermienanzahl verringern und die Hoden schrumpfen lassen. Bei Frauen führen Anabolika zu einer Vermännlichung: Sie bekommen eine tiefere Stimme und stärkere Körperbehaarung, die Brüste bilden sich zurück. Viele haben mit Zyklusstörungen zu kämpfen [6].
Welche Symptome treten bei einem Testosteronmangel auf?
Fehlt es dem Körper an Testosteron, können Aufbauprozesse nicht vernünftig ablaufen: Die Knochenmasse nimmt ab und die Muskelkraft lässt nach. Zudem leiden Männer an Erektionsstörung und Unfruchtbarkeit.
Weitere Symptome sind [7]:
- Depressive Verstimmungen, Depression
- Haarausfall
- Blutarmut (Anämie)
- Erhöhte Blutzuckerwerte
- Gewichtszunahme am Bauch
Wie kann ich meinen Testosteron-Spiegel erhöhen?
Leiden Sie an bestimmten Erkrankungen, wie Leberzirrhose oder Hypogonadismus, die den Testosteron-Spiegel senken, müssen Sie Medikamente einnehmen. Wenn Ihr Lebensstil für den Testosteronmangel verantwortlich ist, können Sie Ihren Hormonspiegel auch mit natürlichen Mitteln erhöhen. So können Sie Ihr Testosteron steigern [3], [8]–[11], [16]:
- Reduzieren Sie Stress im Alltag. Entspannungstechniken und ausreichend Schlaf senken Ihren Cortisol-Spiegel. Das fördert die Bildung von Testosteron.
- Nehmen Sie bei Ăśbergewicht ab.
- Treiben Sie regelmäßig Sport. Besonders Krafttraining kurbelt die Testosteron-Produktion im Körper an.
- Meiden Sie Alkohol und Nikotin, sie hemmen die Testosteronbildung.
- Achten Sie auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung mit Ballaststoffen. Ballaststoffe lassen den Blutzuckerspiegel langsamer steigern, daher muss der Körper nicht so viel Insulin produzieren. Das wirkt sich wiederum positiv auf den Testosteronspiegel aus.
Welche Nährstoffe erhöhen meinen Testosteron-Spiegel?
Wenn Ihnen bestimmte Nährstoffe fehlen, drosselt der Körper unter Umständen die Bildung von Testosteron. Besteht ein Nährstoffmangel, können Sie die Testosteron-Produktion anregen, indem Sie den Mangel mit einer Ernährungsumstellung oder Nahrungsergänzungsmitteln ausgleichen. Folgende Nährstoffe hängen mit Testosteron zusammen [12]–[15]:
Nährstoffe |
Vorkommen |
Körpereigene Produktion mit Sonnenlicht, Kaltwasserfische, Nahrungsergänzungsmittel |
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Magnesium |
Vollkornprodukte, Mineralwasser, HĂĽlsenfrĂĽchte |
ParanĂĽsse, Weizenkleie, Sojabohnen, HĂĽhnerei |
|
Zink |
Hülsenfrüchte, Weizenkeime, Nüsse, Käse |
Â
Kann ich Testosteron supplementieren?
Benutzen Sie nur Nahrungsergänzungsmittel oder Arzneimittel mit Testosteron, wenn Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt gefragt haben. Die Einnahme von Testosteron ohne einen diagnostizierten Mangel begünstigt einen Testosteron-Überschuss. Zu viel Testosteron erhöht das Risiko eines Schlaganfalls sowie von Akne und Haarausfall [4], [17].
Was ist ein TestosteronĂĽberschuss?
Ein Testosteronüberschuss ist selten. Wer ohne ärztliche Absprache Testosteron einnimmt oder spritzt, kann einen Überschuss herbeiführen. Auch Morbus Cushing, eine seltene Erkrankung mit stark erhöhten Cortisol-Werten, und Nebennierentumore können einen Testosteronüberschuss auslösen. Bei Frauen können Eierstockzysten und -tumore und eine angeborene Störung der Hormonbildung der Nebennierenrinde und bei Männern aktive Hodentumoren den Testosteron-Wert erhöhen [18].
Testosteron und Haarausfall
Die Kopfhaut reagiert in einigen Fällen empfindlich auf Testosteron – genauer gesagt auf das Abbauprodukt Dihydrotestosteron. Die Prostata wandelt Testosteron in Dihydrotestosteron um. Viele Menschen haben eine genetische Veranlagung, die die Haarwurzeln auf der Kopfhaut empfindlich auf dieses Abbauprodukt reagieren lässt. Durch den Kontakt mit Dihydrotestosteron fallen die Kopfhaare aus. Wichtig zu wissen: Sowohl ein geringer als auch ein hoher Testosteronspiegel können Haarausfall begünstigen, wenn die Kopfhaut stark auf das Dihydrotestosteron reagiert.
Gut zu wissen: Bei Frauen wandeln die sogenannten Paraurethraldrüsen Testosteron in Dihydrotestosteron um. Diese Drüsen werden auch als weibliche Prostata bezeichnet [18]. Mehr zum Thema Haarausfall bei Männern und Haarausfall bei Frauen lesen Sie in unserem Gesundheitsportal.
Testosteron testen
Treten Symptome auf, die auf einen Testosteronmangel hindeuten, sollten Sie das medizinisch abklären. Menschen jeden Geschlechts können von einem Testosteronmangel betroffen sein.
Mit einem Testosteron-Test können Sie Ihren aktuellen Testosteron-Spiegel bestimmen lassen. Das Hormon lässt sich im Blut oder Speichel messen. Auffällige Werte sollten Sie dringend mit einer*m Ärzt*in besprechen.
Beim Speicheltest misst man die freie, aktive Form des Testosterons. Zwar sind nur zwei bis fünf Prozent des Testosterons im Körper freies, aktives Testosteron. Doch das freie Testosteron zirkuliert und wirkt im ganzen Körper.
Beim Bluttest untersucht man das Gesamt-Testosteron. Im Blut befindet sich der GroĂźteil des Hormons, das hier aber an EiweiĂźe gebunden ist.
Gut zu wissen: Sie können Ihren Testosteron-Spiegel entweder von Endokrinolog*innen oder Urologen*innen bestimmen lassen, oder selbst einen Testosteron-Test für zuhause durchführen.
Quellen
[1]       P. C. Heinrich, M. Müller, L. Graeve, G. Löffler, und P. E. Petrides, Hrsg., Löffler/Petrides Biochemie und Pathobiochemie, 9., Vollständig überarbeitete Auflage. in Springer-Lehrbuch. Berlin Heidelberg: Springer, 2014.
[2]       „Testosteron“, Urologe und Androloge - Urologische Praxis Prof. Dr. Porst, 12. April 2018. http://www.porst-hamburg.de/spezielle-andrologie/testosteron.html (zugegriffen 12. April 2018).
[3]       M. N. T. Fui, P. Dupuis, und M. Grossmann, „Lowered testosterone in male obesity: mechanisms, morbidity and management“, Asian J Androl, Bd. 16, Nr. 2, S. 223–231, 2014, doi: 10.4103/1008-682X.122365.
[4]       „Testosterone therapy: Potential benefits and risks as you age“, Mayo Clinic. http://www.mayoclinic.org/healthy-lifestyle/sexual-health/in-depth/testosterone-therapy/art-20045728 (zugegriffen 16. April 2018).
[5]       D. Gr, „Leitlinie Männlicher Hypogonadismus“, S. 15.
[6]       Nationale Anti-Doping Agentur Austria (NADA), „Anabole Substanzen“. https://www.nada.at/de/medizin/risiken-nebenwirkungen/marketshow-anabole-substanzen (zugegriffen 11. Juli 2023).
[7]       E. D. Grober, „Testosterone deficiency and replacement: Myths and realities“, Canadian Urological Association Journal, Bd. 8, Nr. 7–8, S. 145, Aug. 2014, doi: 10.5489/cuaj.2309.
[8]       R. I. Wood und S. J. Stanton, „Testosterone and sport: current perspectives“, Horm Behav, Bd. 61, Nr. 1, S. 147–155, Jan. 2012, doi: 10.1016/j.yhbeh.2011.09.010.
[9]       G. Wittert, „The relationship between sleep disorders and testosterone in men“, Asian J. Androl., Bd. 16, Nr. 2, S. 262–265, Apr. 2014, doi: 10.4103/1008-682X.122586.
[10]     A. M. Traish, „Testosterone and weight loss: the evidence“, Current Opinion in Endocrinology, Diabetes and Obesity, Bd. 21, Nr. 5, S. 313, Okt. 2014, doi: 10.1097/MED.0000000000000086.
[11]     C. Annweiler u. a., „Vitamin D and ageing: neurological issues“, Neuropsychobiology, Bd. 62, Nr. 3, S. 139–150, Aug. 2010, doi: 10.1159/000318570.
[12]     S. Pilz u. a., „Effect of vitamin D supplementation on testosterone levels in men“, Horm. Metab. Res., Bd. 43, Nr. 3, S. 223–225, März 2011, doi: 10.1055/s-0030-1269854.
[13]     C. S. Chang, J. B. Choi, H. J. Kim, und S. B. Park, „Correlation between serum testosterone level and concentrations of copper and zinc in hair tissue“, Biol Trace Elem Res, Bd. 144, Nr. 1–3, S. 264–271, Dez. 2011, doi: 10.1007/s12011-011-9085-y.
[14]     M. Maggio u. a., „The Interplay between Magnesium and Testosterone in Modulating Physical Function in Men“, Int J Endocrinol, Bd. 2014, S. 525249, 2014, doi: 10.1155/2014/525249.
[15]     L. Shafiei Neek, A. A. Gaeini, und S. Choobineh, „Effect of zinc and selenium supplementation on serum testosterone and plasma lactate in cyclist after an exhaustive exercise bout“, Biol Trace Elem Res, Bd. 144, Nr. 1–3, S. 454–462, Dez. 2011, doi: 10.1007/s12011-011-9138-2.
[16]     M. Grossmann u. a., „Low testosterone and anaemia in men with type 2 diabetes“, Clin. Endocrinol. (Oxf), Bd. 70, Nr. 4, S. 547–553, Apr. 2009, doi: 10.1111/j.1365-2265.2008.03357.x.
[17]     K.-J. Chung und K.-H. Kim, „Forbidden fruit for athletes, but possible divine blessing for rehabilitation: testosterone“, J Exerc Rehabil, Bd. 11, Nr. 1, S. 2–4, Feb. 2015, doi: 10.12965/jer.150191.
[18]     Faller, Adolf; Schünke, Michael, Der Körper des Menschen - Einführung in Bau und Funktion, 17. Aufl. Thieme, 2016.