Die biologische Wertigkeit ist ein Begriff der die Qualität von Proteinquellen beschreibt und der oft fällt, wenn es um die Sporternährung geht. Sportler*innen wollen nach einer Trainingseinheit bestmöglich regenerieren und mit den richtigen Lebensmitteln ihre Muskeln aufbauen. Muskeln bestehen zu einem Großteil aus Proteinen (Eiweißen). Unser Körper braucht Proteine aber auch, um Hormone und Enzyme für ein gesundes Immunsystem herzustellen – jede*r sollte also auf eine gute Versorgung mit Proteinen achten.
Um Ihren Bedarf an Eiweißen zu decken, müssen Sie aber nicht täglich Steak essen. Denn zum einen kann ein Zuviel an Wurst und rotem Fleisch auf Dauer krankmachen [1]. Zum anderen gibt es proteinreiche Lebensmittel, die unser Körper noch besser nutzen kann, besonders dann, wenn sie geschickt miteinander kombiniert werden. Darum dreht es sich bei der biologischen Wertigkeit von Lebensmitteln: Je höher die Wertigkeit, desto besser kann der Körper das Nahrungsprotein verarbeiten und sich eigenes Protein herstellen.
Wir haben die besten pflanzlichen und tierischen Lebensmittel mit hoher biologischer Wertigkeit für Sie zusammengestellt.
Biologische Wertigkeit im Überblick
- Die biologische Wertigkeit beschreibt die Qualität von Proteinen in Lebensmitteln. Je höher die biologische Wertigkeit, desto besser kann der Körper aus dem Nahrungsprotein eigenes Protein für Muskeln, Hormone und Botenstoffe herstellen.
- Tierische Lebensmittel enthalten häufig mehr lebenswichtige Aminosäuren als pflanzliche Lebensmittel und haben daher eine höhere biologische Wertigkeit.
- Als vollständige Proteine mit besonders hoher biologischer Wertigkeit gelten Fleisch, Geflügel, Fisch, Eier, Milchprodukte, Soja, Quinoa und Pistazien.
- Die biologische Wertigkeit lässt sich steigern, wenn verschiedene Lebensmittel kombiniert werden. Das erreichen Sie durch eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung automatisch.
Was ist die biologische Wertigkeit?
Die biologische Wertigkeit beschreibt die Qualität von Eiweißen eines Nahrungsmittels. Sie gibt an, wie gut der Körper Proteine aus dem Lebensmittel verwerten und in körpereigenes Eiweiß, zum Beispiel zur Muskelbildung, umwandeln kann. Je höher die biologische Wertigkeit, desto besser kann der Körper die Proteine für sich nutzen [2].
Nicht alle Lebensmittel lassen sich vom Körper gleich verwerten. Das beste Baumaterial für Muskeln, Hormone und Immunstoffe kommt aus Lebensmitteln, deren Struktur dem Protein im Körper sehr ähnlich ist. Der Mix aus Aminosäuren – den Eiweiß-Bausteinen – in einem Lebensmittel ist also entscheidend und nicht unbedingt die Proteinmenge an sich.
Häufig haben tierische Eiweiße eine höhere biologische Wertigkeit als pflanzliche, da sie mehr lebensnotwendige Aminosäuren enthalten. Der Körper kann sie also etwas besser verwerten [3].
Wie berechnet man die biologische Wertigkeit?
Die Qualität eines Proteins wird über seine Aminosäurezusammensetzung beurteilt. Insbesondere der Anteil an essentiellen Aminosäuren ist dabei relevant: Von den 20 Aminosäuren als Bausteine aller Proteine werden acht essentielle, also lebensnotwendige Aminosäuren vom Körper nicht selbst hergestellt. Daher müssen wir sie über die Nahrung aufnehmen.
Essentielle Aminosäuren sind für den Körper also besonders wichtig und werden bevorzugt verwertet. Einen Hinweis darauf, wie gut der Körper ein Nahrungsprotein für sich nutzt, liefert der Stickstoffwert: Aminosäuren sind an Stickstoffmoleküle gebunden. Für die biologische Wertigkeit untersucht man, wie viel Stickstoff aus dem Nahrungsprotein nach einer Mahlzeit im Körper bleibt und wie viel ausgeschieden, also nicht verwendet, wird.
Die biologische Wertigkeit ergibt sich dann durch folgende Formel:
Biologische Wertigkeit = (Stickstoffgehalt nach Mahlzeit im Körper / Stickstoffgehalt im Lebensmittel) x 100
Je mehr Aminosäuren der Körper aus dem Lebensmittel zieht, desto weniger Stickstoff scheidet er aus und desto größer ist demnach die biologische Wertigkeit.
Als Vergleichswert dient das Hühnerei (Eigelb inklusive Eiweiß). Früher galt ein Hühnerei unter Expert*innen als vollwertigste Eiweißquelle, deswegen bekam es eine biologische Wertigkeit von 100. Mittlerweile ist aber bekannt, dass dieser Wert überboten werden kann. Wenn Sie verschiedene Lebensmittel geschickt kombinieren, kann die Mahlzeit eine biologische Wertigkeit von über 100 erreichen. Ein bekanntes Beispiel dafür: Ei mit Kartoffeln hat eine biologische Wertigkeit von etwa 136 [4].
Wann ist die biologische Wertigkeit hoch?
Für die biologische Wertigkeit ist die Zusammensetzung von Aminosäuren im Protein wichtig: Enthält ein Lebensmittel die essentiellen Aminosäuren im richtigen Verhältnis, so dass unser Körper sie optimal nutzen kann, spricht man von hoher biologischer Wertigkeit. Wenn aber eine oder mehrere essentielle Aminosäuren nicht, oder nicht ausreichend, im Lebensmittel vorkommen, senkt das die biologische Wertigkeit [5].
Eiweißreiche Lebensmittel, die alle essentiellen Aminosäuren in ausreichender Menge enthalten, werden auch als „vollständige Proteine“ bezeichnet. Tierische Lebensmittel wie Milchprodukte, Eier, Fleisch, Geflügel und Fisch und pflanzliche Lebensmittel wie Soja und Quinoa gelten als vollständige und somit „hochwertige Proteine“ [6].
Pistazien als hochwertiger Protein-Snack: Seit 2020 gelten rohe und geröstete Pistazien ebenfalls als vollständige Proteinquelle [7]. Als Quelle für veganes Protein sind Pistazien damit ideal für die vegane Ernährung und die vegetarische Ernährung.
Welche Lebensmittel haben eine hohe biologische Wertigkeit?
Tierische Lebensmittel enthalten mehr essentielle Aminosäuren als pflanzliche Lebensmittel. Die biologische Wertigkeit von tierischen Eiweißen, wie in Fleisch, Fisch, Ei und Milchprodukten liegt durchschnittlich bei 80 bis 90 Prozent. Die biologische Wertigkeit von pflanzlichem Protein liegt zwischen 30 bis 70 Prozent [8].
Wichtig: Mit “Wertigkeit” ist in diesem Zusammenhang das Vorkommen von lebenswichtigen Aminosäuren gemeint. Ein Lebensmittel ist aber nicht weniger wertvoll, weil es weniger essentielle Aminosäuren enthält. Tierische Lebensmittel wie Fleisch und Wurst enthalten oft viele ungesunde gesättigte Fettsäuren und Cholesterin. Pflanzliche Proteine in Gemüse oder Getreide sind cholesterinfrei und liefern neben Vitaminen und Mineralstoffen eine ordentliche Portion Ballaststoffe, die satt machen und die Verdauung fördern. Ernährungs- und Fitnessexpert*innen empfehlen daher ausdrücklich, täglich pflanzliche Proteine in die Ernährung einzubauen [3].
Im Folgenden haben wir die besten tierischen und pflanzlichen Proteinquellen mit hoher biologischer Wertigkeit für Sie zusammengestellt.
Tabelle: Tierische Lebensmittel mit hoher biologischer Wertigkeit
Das sind die besten tierischen Lebensmittel mit hoher biologischer Wertigkeit [9], [10], [11]:
Lebensmittel |
Biologische Wertigkeit |
Hühnerei |
100 |
Eiklar (Eiweiß) |
88 |
Fleisch: |
|
Rindfleisch |
87 |
Schweinefleisch |
85 |
Geflügel |
80 |
Fisch: |
|
Thunfisch |
92 |
Hering |
78 |
Forelle |
75 |
Lachs |
75 |
Milchprodukte: |
|
Milch |
86 |
Joghurt |
83 |
Magerquark |
81 |
Käse |
75-85 |
Tabelle: Pflanzliche Lebensmittel mit hoher biologischer Wertigkeit
Das sind die besten pflanzlichen Lebensmittel mit hoher biologischer Wertigkeit [9], [10], [11]:
Lebensmittel |
Biologische Wertigkeit |
Kartoffeln |
95 |
Soja |
84 |
Reis |
83 |
Mais |
74 |
Haselnuss |
50 |
Hülsenfrüchte: |
|
Bohnen |
73 |
Linsen |
60 |
Erbsen |
59 |
Getreide: |
|
Quinoa |
82 |
Roggen |
67 |
Hafer |
60 |
Weizen |
59 |
Wie kann ich die biologische Wertigkeit steigern?
Wenn Sie verschiedene Lebensmittel miteinander kombinieren, ergänzen sich die Aminosäuremuster. Dadurch lässt sich die biologische Wertigkeit der Mahlzeit erhöhen. Ernährungsfachleute empfehlen beispielsweise [12]:
- Vollkornbrot mit Käse oder Kräuterquark
- Müsli mit Milch oder Joghurt
- Joghurt mit Nüssen und Obst
- Milchreis
- Kartoffeln mit Ei oder Quark
- Eintopf mit Kartoffeln und Rindfleisch
Vegane / milchfreie Alternativen:
- Vollkornbrot mit Erdnussmus oder Hummus
- Sojajoghurt mit Nüssen
- Haferflocken mit Mandelmilch
- Linsencurry mit Reis
- Erbsensuppe mit Brot
Wie wichtig sind die Lebensmittel-Kombinationen für Veganer*innen?
Viele pflanzliche Lebensmittel liefern die essentiellen Aminosäuren nicht in ausreichenden Mengen. Daher empfahlen Expert*innen Menschen mit vegetarischer und veganer Ernährung früher, in jeder Mahlzeit verschiedene Lebensmittel zu kombinieren, damit sich die Aminosäuren ergänzen können. Mittlerweile ist aber erwiesen, dass Proteine ??aus verschiedenen pflanzlichen Nahrungsmitteln genügend essentielle Aminosäuren liefern, wenn der Kalorienbedarf gedeckt ist. Sie müssen die Lebensmittel also nicht unbedingt zeitgleich essen, es reicht, wenn Sie sie über den Tag verteilt aufnehmen [13].
Für Menschen, die regelmäßig Sport treiben und Muskeln aufbauen möchten, ergeben allerdings Mahlzeiten mit oben genannten Kombinationsbeispielen aus Kohlenhydrat- und eiweißhaltigen Lebensmitteln viel Sinn: Kohlenhydrate wirken durch die Ausschüttung von Insulin anabol, also muskelaufbauend und ergänzen sich mit Eiweiß sehr gut. Fachleute für Sporternährung empfehlen daher, Kohlenhydrate und Eiweiße gleichzeitig und innerhalb einer Stunde nach dem Training zu essen [14].
Unser Tipp: Essen Sie am besten so abwechslungsreich wie möglich: Je mehr unterschiedliche, proteinreiche Lebensmittel Sie essen, desto höher ist die Chance, dass Sie alle wichtigen Aminosäuren aufnehmen.
Quellen
[1] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE), „Gut für die Gesundheit: Viel Gemüse & Obst, wenig Fleisch“, DGE, 2021. https://www.dge.de/presse/meldungen/2021/gut-fuer-die-gesundheit-viel-gemuese-obst-wenig-fleisch/ (zugegriffen 8. Juni 2023).
[2] Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs, „Biologische Wertigkeit“. https://www.gesundheit.gv.at/lexikon/B/biologische-wertigkeit.html (zugegriffen 7. Juni 2023).
[3] Deutsches Institut für Sporternährung e.V., „Muskelaufbau und gezielte Eiweißaufnahme“. https://www.dise.online/hintergrund/eiweiß/ (zugegriffen 7. Juni 2023).
[4] J. R. Hoffman und M. J. Falvo, „Protein – Which is Best?“, J Sports Sci Med, Bd. 3, Nr. 3, S. 118–130, Sep. 2004.
[5] The European Food Information Council (EUFIC), „High and Low Biological Value Protein Foods“, 7. Juli 2008. https://www.eufic.org/en/whats-in-food/article/the-basics-proteins (zugegriffen 12. Juni 2023).
[6] Food and Drug Administration (FDA), „Interactive Nutrition Facts Label - Protein“. Oktober 2021. Zugegriffen: 13. Juni 2023. [Online]. Verfügbar unter: https://www.accessdata.fda.gov/scripts/InteractiveNutritionFactsLabel/assets/InteractiveNFL_Protein_October2021.pdf
[7] H. M. Bailey und H. H. Stein, „Raw and roasted pistachio nuts (Pistacia vera L.) are ‚good‘ sources of protein based on their digestible indispensable amino acid score as determined in pigs“, J Sci Food Agric, Bd. 100, Nr. 10, S. 3878–3885, Aug. 2020, doi: 10.1002/jsfa.10429.
[8] M. Bollhöfer, „Vegetarismus Teil 1: Bedeutung, Formen und ernährungsphysiologische Beurteilung“, Ernahrungs Umschau, Nr. 59 (3), S. B9–B12, März 2012, doi: 10.4455/eu.2012.989.
[9] H. K. Biesalski, S. C. Bischoff, und C. Puchstein, Ernährungsmedizin. Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG.
[10] A. Schek, Ernährungslehre kompakt, 6. Aufl. Umschau Zeitschriftenverlag, 2017.
[11] S. Adhikari, M. Schop, I. J. M. de Boer, und T. Huppertz, „Protein Quality in Perspective: A Review of Protein Quality Metrics and Their Applications“, Nutrients, Bd. 14, Nr. 5, Art. Nr. 5, Jan. 2022, doi: 10.3390/nu14050947.
[12] D. König u. a., „Proteins in sports nutrition. Position of the working group sports nutrition of the German Nutrition Society (DGE). Ernahrungs“, Ernahrungs Umschau, Nr. 67(7), S. 132–139, Juli 2020, doi: 10.4455/eu.2020.039.
[13] British Nutrition Foundation, „Protein“, Juni 2021. https://www.nutrition.org.uk/healthy-sustainable-diets/protein/?level=Health%20professional (zugegriffen 13. Juni 2023).
[14] Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs, „Ernährung und Krafttraining“, Gesundheitsportal, 13. Oktober 2020. https://www.gesundheit.gv.at/leben/bewegung/sport-ernaehrung/krafttraining-ernaehrung.html (zugegriffen 13. Juni 2023).